Kurt-Schubert-Gedächtnispreis für Altabt von Pannonhalma

"Forum für Weltreligionen" würdigte Verdienste Bischof Varszegis um Ökumene, Frieden und interreligiöse Verständigung - Eisenstädter Bischof Zsifkovics: "Jeder, der aggressiv, menschenverachtend und unberechenbar agiert, ist einer zu viel"
Der emeritierte Erzabt der ungarischen Benediktinerabtei Pannonhalma, Bischof Asztrik Varszegi (76), ist am Donnerstag in Eisenstadt mit dem Kurt-Schubert-Gedächtnispreis für interreligiöse Verständigung ausgezeichnet worden. Varszegi erhielt die Auszeichnung für seinen unermüdlichen Einsatz für die Ökumene, für den interreligiösen Dialog, für die Wertegemeinschaft des Friedens und der Freiheit Europas und besonders für die Freundschaft mit dem Nachbarland Österreich, wie bei der Festveranstaltung im Martinssaal beim Eisenstädter Dom von mehrfacher Seite betont wurde.

Die Abtei Pannonhalma sei unter Altabt Varszegi zu einer "Brücke des Dialoges zwischen Ost und West, zwischen den Religionen und Kirchen" und weit über Ungarn hinaus ein "Leuchtturm der Gegenwart Gottes" geworden, sagte der Eisenstädter Bischof Ägidius Zsifkovics in einem Grußwort. "Unsere aus den Fugen geratene Gesellschaft und Kirche lebt nicht von Extremismen und Populisten, besonders nicht von jenen, die zum Krieg rüsten, wie es gegenwärtig mitten in Europa geschieht", so der Bischof weiter. Die Gesellschaft lebe vielmehr von jenen, "die weise sind, die Geschichte buchstabieren, den Menschen vertrauen, letztlich auch Gott viel zutrauen, sie lebt von Begegnung". Jeder, der aggressiv, menschenverachtend und unberechenbar agiere, "ist einer zu viel".

Und Bischof Zsifkovics schloss: "Uns allen ist dieser Tag eine Ermutigung und eine Verpflichtung, furchtlos an Europa weiterzubauen und eine Kirche zu wagen, die offen ist für Viele und für Vieles."

Der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil sagte, dass sich die Europäer in zehn Jahren einmal die Fragen stellen müssten, "welche Lehren ziehen wir aus diesem Krieg". Seine Großmutter habe ihm über die Jahre von 1939 bis 1945 zwar wenig mitgeteilt, aber das Wenige sei überaus eindrücklich gewesen. Für ihn bedeute Frieden auch Erinnerung, Versöhnung und Einbeziehung von Minderheiten, anderen Religionen und Kulturen ins Bewusstsein. Dies wolle das Burgenland mit der Pflege der jüdischen Friedhöfe und erhaltenen Synagogen tun. Doskozil berichtete in diesem Zusammenhang von der Eröffnung der Synagoge von Kobersdorf am Mittwoch, die einer Gesamtrestaurierung unterzogen wurde und jetzt kulturellen Veranstaltungen dienen soll.

Die Laudatio hielt Petrus Bsteh vom "Forum für Weltreligionen". Als Erzabt habe Varszegi in den Jahren der Neuorientierung Ungarns Pannonhalma zu einem Zentrum der Bildung im europäischen Geist, in der Nachfolge Benedikts von Nursias und Montecassinos ausgebaut. Dies habe zahlreiche Früchte getragen. "Mutig und stark in der Sache, aber sanft in der praktischen Durchsetzung": Davon sei Varszegis Wirken für die ungarische Gesellschaft getragen, und lange Freundschaften hätten dem Erzabt große Hochachtung weit über den katholischen Raum hinaus gebracht. Pannonhalma sei dadurch das einzige Kloster, in dem die Patriarchen des ersten, zweiten und dritten Rom (Rom, Konstantinopel, Moskau) zu Gast waren. Auch ein prominenter ungarischer Rabbiner, mit dem Varszegi befreundet sei, habe viele Male Pannonhalma besucht.

Feingold: Burgenland und Salzburg verbunden

Festvorträge hielten Hanna Feingold, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) in Salzburg, der Theologe Anton Kalkbrenner und Bernhard Dolna, Vizerektor des Internationalen Theologischen Instituts in Trumau (NÖ). Feingold hob die enge Verbindung der jüdischen Geschichte Salzburgs und des Burgenlands hervor. Der Mattersburger Kunsthändler Albert Pollak (1833-1921) sei der erste Jude gewesen, der nach mehr als 300 Jahren Ansiedlungsverbot 1867 wieder das Salzburger Bürgerrecht erhalten habe. Pollak sei auch der Gründer der IKG Salzburg und Initiator des Synagogenbaus gewesen. Feingold erinnerte auch an die für den christlich-jüdischen Dialog ganz wesentlichen Sommertagungen in Eisenstadt, die Prof. Kurt Schubert ab Ende der 1980er Jahre organisiert hatte und an denen sie und ihr verstorbener Mann mit Begeisterung teilgenommen hätten.

Kalkbrenner erinnerte an den unschätzbar großen Beitrag der Juden zu Kultur, Wirtschaft und Modernisierung des Burgenlands und Westungarns. Er berichtete aber auch von der brutalen Vertreibung der burgenländischen Juden zwischen März und Oktober 1938. Das Burgenland sei das einzige Bundesland gewesen, das bereits vor der Reichspogromnacht "judenfrei" war.

Auch die Nachkriegsgeschichte sei wenig ruhmreich: Der Burgenländer Oskar Helmer, Innenminister von 1945 bis1959, habe 1948 die berühmte Erklärung abgegeben, die Rückerstattung des geraubten Eigentums der Juden solle im Modus einer "langsamen Abwicklung" erfolgen.

Kalkbrenner würdigte Erzabt Varszegi für seinen Einsatz zur Restaurierung der Synagoge von Pannonhalma-Stadt. Ziel Varszegis sei es gewesen, dass diese Synagoge "ein Ort der Versöhnung" werden solle, was sie heute tatsächlich auch sei.

Dolna zeigte anhand von Beispielen auf, welche Pionierarbeit das Wissenschaftler-Ehepaar Kurt und Ursula Schubert bei der Entdeckung und Interpretation der jüdischen Ikonographie der Jahrhunderte zwischen 70 und 700 n. Chr. geleistet hatten. Viele Details dieser Ikonographie finden sich noch in den mittelalterlichen Buchhandschriften der christlichen Klöster, auch in Österreich.

Bei den erhaltenen Illustrationen handle es sich zwar um Motive aus biblischen Texten, so Dolna. Die ikonographischen Details allerdings seien der vortalmudischen rabbinischen Interpretation entnommen. Rabbinische Lehrzentren in den Jahren 70 bis ca. 700 seien die jüdischen Gemeinden in Nordpalästina und Babylon gewesen.

Erstes jüdisches Museum nach 1945

Johannes Reiss, Direktor des Österreichischen Jüdischen Museums Eisenstadt, erinnerte in seinen Ausführungen an die Pionierarbeit Kurt Schuberts zur Errichtung des ersten jüdischen Museums nach 1945 im deutschsprachigen Raum. Es sei zudem vom Alter her das vierte jüdische Museum in Europa. "Prof. Schubert war diesbezüglich ein Visionär, wie schon zuvor bei der Gründung des ersten Judaistik-Instituts im deutschsprachigen Raum", so Reiss. Die Ortswahl habe Schubert deshalb getroffen, weil sich einerseits im Eisenstädter Wertheimerhaus die einzige vollständig erhaltene historische Synagoge Österreichs befinde, andererseits aber auch, weil das Burgenland/Westungarn bis weit ins 19. Jahrhundert "der Hotspot des jüdischen Lebens in Österreich" war.

Reiss würdigte auch den späteren Bundeskanzler Fred Sinowatz, der bei der Errichtung Landesrat war und in dieser Funktion Schubert 1970 alle Türen geöffnet habe.

Verdienste um Österreich

Asztrik Varszegi, geboren am 26. Jänner 1946 in Sopron, ist einer der bekanntesten ungarischen Kirchenmänner und auch Träger des Großen Goldenen Ehrenzeichens für Verdienste um die Republik Österreich. Zwischen 1991 und 2018 leitete er mit dem Kloster Pannonhalma die bedeutendste Abtei Ungarns. Zuvor war er während der politischen Wendejahre Weihbischof in der Erzdiözese Esztergom und Sekretär der Ungarischen Bischofskonferenz. Varszegi bekräftigte in seinen Dankesworten bei der Preisverleihung einmal mehr, dass er sich mit Leib und Seele für die Ökumene, den interreligiösen Dialog und die Völkerverständigung eingesetzt habe und dies auch weiterhin tun werde.

Im Rahmen der Veranstaltung wurden Petrus Bsteh und dem St. Pöltner Bischof Alois Schwarz Auszeichnungen der Diözese Eisenstadt verliehen. Bsteh wurde anlässlich seines 90. Geburtstags geehrt, Schwarz anlässlich seines 25.-jährigen Bischofsjubiläums. Die musikalische Gestaltung des Abends hat das Joseph Haydn Konservatorium Eisenstadt inne.

Der Preis wird in Erinnerung an den verstorbenen Pionier der Wiener Judaistik, Kurt Schubert (1923-2007), verliehen. Er zeichnet akademische wie gesellschaftliche Beiträge zu vertieften interreligiösen Beziehungen aus und wurde 2010 vom "Forum für Weltreligionen" erstmals verliehen. Er wurde heuer zum achten Mal vergeben. Der Ökumenische Rat der Kirchen in Österreich und der Koordinierungsausschuss für christlich-jüdische Zusammenarbeit gehören (neben anderen Organisationen) dem Stiftungskomitee an.

Katholische Presseagentur KATHPRESS, Wien, Österreich
(www.kathpress.at)

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