Persönlichkeiten
KURT-SCHUBERT-GEDÄCHTNISPREIS AN VORSTANDSMITGLIED RUTH STEINER UND HISTORIKERIN ASCHAUER VERLIEHEN
19/06/16
Zum vierten Mal wurde am 3. März 2016 der Kurt-Schubert-Gedächtnispreis für interreligiöse Verständigung verliehen. Die oberösterreichische Historikerin Irmgard Aschbauer und die wiener Autorin Ruth Steiner (Vorstandsmitglied des Koordinierungsausschusses), zwei Vorkämpferinnen des christlich-jüdischen Dialogs, nahmen den Preis im Festsaal des Linzer Priesterseminars im Beisein von u.a. Diözesanbischof Manfred Scheuer und Landeshauptmann Josef Pühringer entgegen. Die Laudatoren waren Oberrabbiner Paul Chaim Eisenberg und Altbischof Maximilian Aichern.
Ruth Steiner und Irmgard Aschauer hätten jene "wunderbaren Gedanken, die in Rom in der Theorie so einfach ausgesprochen wurden" in Wort und Tat erklärt, betonte Oberrabbinger Eisenberg in seiner Laudatio. Es brauche Menschen, die das tun, "denn eine solche Gesinnungsänderung unter Christen passiert nicht von alleine". Altbischof Maximilian betonte, dass Aschauer immer versucht habe, Kirche und Synagoge wieder in ein Vertrauensverhältnis zu führen. Den Ehrenschutz für den Preis hatte Landeshauptmann Josef Pühringer übernommen. Die Preisträgerinnen würdigte er als Menschen, "die den praktischen Dialog des Lebens und des Handelns üben".
Bertrand Perz vom Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien führte in seinem Vortrag über "Einzugsgebiet, Verzweigungen und Auswirkungen eines Vernichtungsplans" in die Gefährdung menschlicher Gesinnungen hinein. Die Recherchen der Täterforschung hätten ergeben, dass nur ein geringer Teil dieser Wächter aus Überzeugungstätern bestanden habe. Der Großteil des SS-Personals sei aber aus allen Teilen der Gesellschaft gekommen und habe "normale" Biografien. Es könne also de facto keine bestimmte Sozialisation ausgemacht werden, die auf "Täterkarrieren" hinweise, so Perz. Die SS-
Wachmannschaft sei gut in die Bevölkerung integriert gewesen; dieser Umstand habe es diesen Tätern leicht gemacht, in der Nachkriegszeit umgehend wieder mit der Masse zu verschmelzen.
Irmgard Aschbauer blickte in ihren Dankesworten auf prägende Wegbegleiter ihres Lebens zurück. Besonders hob sie Prälat Josef Wiener hervor, den sie während seiner Kaplanszeit in Gmunden kennenlernt hatte und dem sie bei ihrem Dienst in der Diözese in seinen leitenden Funktionen wieder begegnet war.
Ruth Steiner äußerte als Wunsch für eine gute Zukunft, "dass Sicherheitsmaßnahmen vor der Synagoge einmal nicht mehr notwendig sind, dass die Nachfahren des Holocaust in Österreich willkommen sind und dass die Humanität mit Minderheiten und Fremden auf der Flucht zum Prinzip der Demokratie in Österreich wird".
Die Auszeichnung wird vom Forum für Weltreligionen gemeinsam mit dem Ökumenischen Rat der Kirchen in Österreich, dem Forum Zeit und Glaube des Katholischer Akademikerverbandes, dem Stift Klosterneuburg und der Koordinierungsausschuss für christlich-jüdische Zusammenarbeit alle zwei Jahre vergeben.
Quelle: red/kap
ERIKA HORN (1918-2015)
19/12/15
Graz. Von der Nazi-Jugendführerin zu einer der ganz großen Frauengestalten der Steiermark. Sie verstarb am 28.November 2015.
Die Einsicht, einer fatalen Ideologie nachgefolgt zu sein, veränderte das Leben von Erika Horn grundlegend.
"Es war auch ganz stark aus meiner Lebenssituation heraus, eine Erfüllung möchte ich sagen, dass es zu dieser Arbeit im christlich-jüdischen Dialog gekommen ist, weil ich einen langen Prozess der Überwindung meiner ursprünglichen Zugehörigkeit zum Bund Deutscher Mädel bzw. dieser Bejahung des Hitler-Regimes bis ungefähr ein dreiviertel Jahr vor dem Kriegsende [vollzogen habe]. Bis dahin habe ich also dieser Gesinnung angehört und bin dann durch ein eigenes Erlebnis, das ich als religiös bezeichnen muss, und wo es gar nicht leicht ist, darüber zu reden. Es war November '44, glaub ich, dann bin ich zu einer Umkehr gekommen und zu einem ganzen Umdenkprozess, der gar nicht leicht war und der für mich einige Jahre gedauert hat."
Sie initiierte die Christlich-jüdischen Bibelwochen im Bildungshaus Mariatrost und war von Anfang an im Christlich-jüdischen Komitee Steiermark engagiert.
"Und dann hör ich im Radio von christlich-jüdischen Bibelwochen in Bendorf in Deutschland. Und da hat eine israelisch-österreichische Jüdin berichtet, eine Frau Alisa Stadler. Und Alisa Stadler habe ich dann einfach geschrieben und habe ihr mitgeteilt ein bisschen von meiner Geschichte und dass ich sehr berührt war von diesen Bibelwochen und dass ich gerne mit ihr Kontakt hätte, ob wir nicht auch in Graz auch einmal so etwas machen könnten."
Darüber hinaus war sie die Initiatorin der Hospizbewegung und die erste Vorsitzende des Hospizvereines in der Steiermark, Lehrerin in den Caritas-Schulen und unermüdliche Erwachsenenbildnerin.
"In meiner zweiten Lebenshälfte hat sich etwas Grundgelegtes in meinem Leben reich entfaltet: das „Weitergeben", wie ich das „Lehren" lieber bezeichnen möchte, das Weitergeben von mir wichtigen Erkenntnissen und „Entdeckungen" aus Bereichen, die sich mir oft unerwartet erschlossen haben."
Die Bürgerin der Stadt Graz und Professorin, Erika Horn, war für Generationen von Frauen ein verehrtes und bewundertes Vorbild dafür, dass ein Leben auch unter ungünstigen Vorzeichen gelingen kann.
Karl Mittlinger, Zitate aus der Dissertation von Edith Petschnigg (Uni Graz)
Die Einsicht, einer fatalen Ideologie nachgefolgt zu sein, veränderte das Leben von Erika Horn grundlegend.
"Es war auch ganz stark aus meiner Lebenssituation heraus, eine Erfüllung möchte ich sagen, dass es zu dieser Arbeit im christlich-jüdischen Dialog gekommen ist, weil ich einen langen Prozess der Überwindung meiner ursprünglichen Zugehörigkeit zum Bund Deutscher Mädel bzw. dieser Bejahung des Hitler-Regimes bis ungefähr ein dreiviertel Jahr vor dem Kriegsende [vollzogen habe]. Bis dahin habe ich also dieser Gesinnung angehört und bin dann durch ein eigenes Erlebnis, das ich als religiös bezeichnen muss, und wo es gar nicht leicht ist, darüber zu reden. Es war November '44, glaub ich, dann bin ich zu einer Umkehr gekommen und zu einem ganzen Umdenkprozess, der gar nicht leicht war und der für mich einige Jahre gedauert hat."
Sie initiierte die Christlich-jüdischen Bibelwochen im Bildungshaus Mariatrost und war von Anfang an im Christlich-jüdischen Komitee Steiermark engagiert.
"Und dann hör ich im Radio von christlich-jüdischen Bibelwochen in Bendorf in Deutschland. Und da hat eine israelisch-österreichische Jüdin berichtet, eine Frau Alisa Stadler. Und Alisa Stadler habe ich dann einfach geschrieben und habe ihr mitgeteilt ein bisschen von meiner Geschichte und dass ich sehr berührt war von diesen Bibelwochen und dass ich gerne mit ihr Kontakt hätte, ob wir nicht auch in Graz auch einmal so etwas machen könnten."
Darüber hinaus war sie die Initiatorin der Hospizbewegung und die erste Vorsitzende des Hospizvereines in der Steiermark, Lehrerin in den Caritas-Schulen und unermüdliche Erwachsenenbildnerin.
"In meiner zweiten Lebenshälfte hat sich etwas Grundgelegtes in meinem Leben reich entfaltet: das „Weitergeben", wie ich das „Lehren" lieber bezeichnen möchte, das Weitergeben von mir wichtigen Erkenntnissen und „Entdeckungen" aus Bereichen, die sich mir oft unerwartet erschlossen haben."
Die Bürgerin der Stadt Graz und Professorin, Erika Horn, war für Generationen von Frauen ein verehrtes und bewundertes Vorbild dafür, dass ein Leben auch unter ungünstigen Vorzeichen gelingen kann.
Karl Mittlinger, Zitate aus der Dissertation von Edith Petschnigg (Uni Graz)
GEDENKTAFEL FÜR SOPHIE HABER
19/12/15
Wien. Am 16. November 2015 wurde eine Gedenktafel für Sophie „Susi" Haber an der Paul-Grüninger-Schule in Floridsdorf feierlich enthüllt.
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BESUCH BEI ARIK BRAUER
19/06/15
Wien. Im Rahmen der ökumenischen Vernetzung der Dekanate 13 bis 19 und zum Gedenken an den Novemberpogrom 1938, organisierte Elisabeth Lutter am 9. November einen Besuch bei Arik Brauer unter dem Titel „Arik Brauers neue Haggada".
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OTHMAR GÖHRING (1938-2013)
19/06/13
Graz. Am 5. Mai – wenige Tage vor seinem 75. Geburtstag – verstarb Othmar Göhring nach langem schwerem Leiden.mehr …
ELLY BRAUN-SCHLESINGER
19/06/13
Elly Braun, am 13. Juni 1924 in Wien als Elly Schlesinger geboren, ist eine der zahlreichen Frauen, die in der Zeit des Nationalsozialismus im Stillen Großes geleistet haben.
Aufgewachsen in einem orthodox-jüdischen Milieu, führte sie ihre Flucht nach dem „Anschluss" Österreichs 1938 über Pressburg, Antwerpen und Frankreich auf abenteuerlichen Wegen in die Schweiz. Dort lernte sie den Sohn eines Wiener Kantors kennen und zog nach 1945 mit ihm nach Israel, wo sie auch heute lebt.
In Frankreich wurde sie als junge Exilantin zur Lebensretterin des jungen Simha Arom, heute einer der prominentesten französischen Musikethnologen.
Darüber hinaus wurde Elly Schlesinger zur Fürsprecherin aller ihrer Schicksalsgenossinnen und -genossen im französischen Exil: Ihre Vorsprache gemeinsam mit Ihrem Vater beim Erzbischof von Toulouse, Msgr. Jules-Gérard Saliège, führte 1942 zu dem berühmt gewordenen Hirtenbrief, der Pfarrer und Kirchenvolk zur Hilfe für NS-Flüchtlinge ermutigte und damit vermutlich Tausenden das Leben gerettet hat. Die näheren Umstände dieses Hirtenbriefs sind bis heute auch in der Forschung nicht allgemein bekannt; Elly Schlesinger blieb anonym.
Am 6. Mai 2013 erhielt Elly Braun-Schlesinger die Ehrenmitgliedschaft der Österreichischen gesellschaft fürt Exilforschung.
• Österreichische Gesellschaft für Exilforschung link
• Gespräch mit Elly Braun-Schlesinger wien.orf.at
• Hirtenbrief von Bischof Jules Saliège link
• Bischof Jules Saliège wikipedia
Aufgewachsen in einem orthodox-jüdischen Milieu, führte sie ihre Flucht nach dem „Anschluss" Österreichs 1938 über Pressburg, Antwerpen und Frankreich auf abenteuerlichen Wegen in die Schweiz. Dort lernte sie den Sohn eines Wiener Kantors kennen und zog nach 1945 mit ihm nach Israel, wo sie auch heute lebt.
In Frankreich wurde sie als junge Exilantin zur Lebensretterin des jungen Simha Arom, heute einer der prominentesten französischen Musikethnologen.
Darüber hinaus wurde Elly Schlesinger zur Fürsprecherin aller ihrer Schicksalsgenossinnen und -genossen im französischen Exil: Ihre Vorsprache gemeinsam mit Ihrem Vater beim Erzbischof von Toulouse, Msgr. Jules-Gérard Saliège, führte 1942 zu dem berühmt gewordenen Hirtenbrief, der Pfarrer und Kirchenvolk zur Hilfe für NS-Flüchtlinge ermutigte und damit vermutlich Tausenden das Leben gerettet hat. Die näheren Umstände dieses Hirtenbriefs sind bis heute auch in der Forschung nicht allgemein bekannt; Elly Schlesinger blieb anonym.
Am 6. Mai 2013 erhielt Elly Braun-Schlesinger die Ehrenmitgliedschaft der Österreichischen gesellschaft fürt Exilforschung.
• Österreichische Gesellschaft für Exilforschung link
• Gespräch mit Elly Braun-Schlesinger wien.orf.at
• Hirtenbrief von Bischof Jules Saliège link
• Bischof Jules Saliège wikipedia
ELFRIEDE KREUZEDER (1927-2013)
19/06/13
Wien. Dankbar erinnern wir uns an Elfriede Kreuzeder. Sie war eine der Säulen der ökumenischen Bewegung in Österreich. 1958 war sie für die Altkatholische Kirche an der Gründung des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich maßgeblich beteiligt. Über viele Jahre übte Kreuzeder auch die Funktion der stellvertretenden ÖRKÖ-Vorsitzenden aus. Von 1971 bis 1997 gehörte sie dem Vorstand unseres Vereins an. Kreuzeder wurde 1998 als erste Frau in Österreich zur altkatholischen Priesterin geweiht.
BISCHOF REINHOLD STECHER (1921-2013)
19/06/13
Innsbruck. Der Koordinierungsausschuss für christlich-jüdische Zusammenarbeit trauert um sein Ehrenmitglied, den Innsbrucker Altbischof Dr. Reinhold Stecher.
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SUSI HABER (1922-2012)
19/09/12
Im Jahre 1992 haben meine Frau und ich Susi Haber und ihren Mann Karli anlässlich einer Fahrt nach Israel kennen gelernt. Erst auf der Rückfahrt kamen wir näher ins Gespräch, stellten fest, dass wir alle in Mödling wohnen und selbstverständlich war es für sie, uns in ihrem Auto mitzunehmen. Diese Spontanität, diese Offenheit und das auf den Anderen Zugehen waren typisch für sie und zugleich Anstoß und Grundlage für – wie auch in unserem Fall – viele Freundschaften.
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TORBERG-MEDAILLE AN PROFESSOR HELMUT NAUSNER
19/06/12
Wien. Der Vizepräsident und frühere Vorsitzende des Koordinierungsausschusses für christlich-jüdische Zusammenarbeit wurde am 29. März 2012 mit der Marietta und Friedrich Torberg-Medaille der Israelitischen Kultusgemeinde geehrt.
(Zum Starten des Videos klicken Sie auf das Bild.)
CLEMENS THOMA (1932-2011)
19/06/11
Zug CH. Der Judaist Clemens Thoma, Mitglied der Steyler Missionare SVD, ist am 7. Dezember 2011 friedlich im Herrn entschlafen. Von 1965 bis 1971 war er - während und nach seinem Studium der Judaistik in Wien - Vorstandsmitglied unseres Vereins.
Nachrufe sind häufig bessere Aufzählung der herausragenden Taten eines Menschen. Dies wird noch zahlreich in der nächsten Zeit geschehen. Ich möchte diese Form jedoch bewusst meiden und mich an Clemens Thoma erinnern, wie ich ihn kennenlernte, ihn schätzen lernte und mich an ihm auch reiben konnte.
Es war in einem Fahrstuhl in Salzburg, als Clemens vor vielen Jahren mit mir gemeinsam fuhr, auf dem Weg zu einer Tagung, und er mich nach einem anregenden Gespräch einlud zu einer Vorlesung in Fribourg, wo es unter anderem um das Thema Theodizee ging. Ich wusste von ihm, da er einer der ersten Schüler Kurt Schuberts war, zu denen ich mich viel später als er stolz selber zählen durfte. Ich sah in ihm den großen Begründer eines Instituts, das einzigartig im deutschen Sprachraum unter anderem ein Anliegen umsetzte, von dem in den Durchführungsbestimmungen von Nostra aetate die Rede war, nämlich den Theologiestudierenden das Judentum verpflichtend nahezubringen. Ich bewunderte ihn damals aus der Ferne und lernte ihn bald als quirligen und durchaus streitbaren Geist kennen.
Das jüdisch-christliche Gespräch war eine Sache, die Clemens mit ganzer Lebensenergie vertrat und mich darin sehr tief bewegte. Er begutachtete schließlich auch einen wichtigen Schritt meiner wissenschaftlichen Laufbahn und bemerkte viele wichtige Details für meine Habilitation. Das Institut für Jüdisch-Christliche Forschung in der doppelten Zuordnung zu einer geisteswissenschaftlichen und theologischen Fakultät schwebte mir damals als ein Idealzustand vor, den es auch in Österreich zu erreichen gelte. Der Einsatz Thomas im Bereich der katholischen Kirche (etwa als Konsultor der Vatikanischen Kommission für die religiösen Beziehungen zum Judentum und Berater der Schweizer Bischofskonferenz) und in der Gesellschaft, mit dem erklärten Ziel, den Antisemitismus als eine Sünde zu brandmarken, imponierte mir und es war mehr als eine Ehre, als ich auch beruflich nach Luzern gelangte, wo ich dieses Institut für ein Jahr leiten durfte. Damals habe ich Clemens als einen Menschen erlebt, der mit allem Herzblut mit dem Institut verbunden war, mit den damit verbundenen Ideen, mit dem Anliegen, das er und nur er in authentischer Weise zu vertreten meinte.
Seine Arbeit an den Gleichnissen, die ihn vor allem mit seinem jüdischen Kollegen Simon Lauer verband, war allseits gegenwärtig, ebenso wie sein Engagement für die von ihm mitbegründete Theologische Realenzyklopädie oder die Judaica et Christiana und den Freiburger Rundbrief. Als man mich einmal bei einer Fernsehsendung fragte, ob ich ein Buch empfehlen könnte, war es Clemens Thomas "Messiasprojekt", das mich zu einer langen Beschäftigung mit dem Thema Messias anregte, die ich schriftlich bisher nie abschloss oder gar veröffentlichte.
In Ansätzen hat sich damals leider schon die Krankheit bemerkbar gemacht, wie ich erst einige Jahre später wirklich bewusst registrierte. Stimmungsschwankungen, Aufbrausen und gelegentlich auch harte Worte vermochte ich erst im Nachhinein loszulösen von einer Person, die auf die Versöhnung von Juden und Christen, auf das Verbindende schaute und die christliche Theologie durch das Judentum zu bereichern suchte. Mit Kurt Schubert im Jahr 2007 und mit Clemens Thoma jetzt sind zwei Persönlichkeiten verstorben, die in Österreich und der Schweiz ein geändertes Bewusstsein für das Judentum geprägt haben.
Gerhard Langer, Institutsvorstand Institut für Judaistik, Universität Wien
Nachrufe sind häufig bessere Aufzählung der herausragenden Taten eines Menschen. Dies wird noch zahlreich in der nächsten Zeit geschehen. Ich möchte diese Form jedoch bewusst meiden und mich an Clemens Thoma erinnern, wie ich ihn kennenlernte, ihn schätzen lernte und mich an ihm auch reiben konnte.
Es war in einem Fahrstuhl in Salzburg, als Clemens vor vielen Jahren mit mir gemeinsam fuhr, auf dem Weg zu einer Tagung, und er mich nach einem anregenden Gespräch einlud zu einer Vorlesung in Fribourg, wo es unter anderem um das Thema Theodizee ging. Ich wusste von ihm, da er einer der ersten Schüler Kurt Schuberts war, zu denen ich mich viel später als er stolz selber zählen durfte. Ich sah in ihm den großen Begründer eines Instituts, das einzigartig im deutschen Sprachraum unter anderem ein Anliegen umsetzte, von dem in den Durchführungsbestimmungen von Nostra aetate die Rede war, nämlich den Theologiestudierenden das Judentum verpflichtend nahezubringen. Ich bewunderte ihn damals aus der Ferne und lernte ihn bald als quirligen und durchaus streitbaren Geist kennen.
Das jüdisch-christliche Gespräch war eine Sache, die Clemens mit ganzer Lebensenergie vertrat und mich darin sehr tief bewegte. Er begutachtete schließlich auch einen wichtigen Schritt meiner wissenschaftlichen Laufbahn und bemerkte viele wichtige Details für meine Habilitation. Das Institut für Jüdisch-Christliche Forschung in der doppelten Zuordnung zu einer geisteswissenschaftlichen und theologischen Fakultät schwebte mir damals als ein Idealzustand vor, den es auch in Österreich zu erreichen gelte. Der Einsatz Thomas im Bereich der katholischen Kirche (etwa als Konsultor der Vatikanischen Kommission für die religiösen Beziehungen zum Judentum und Berater der Schweizer Bischofskonferenz) und in der Gesellschaft, mit dem erklärten Ziel, den Antisemitismus als eine Sünde zu brandmarken, imponierte mir und es war mehr als eine Ehre, als ich auch beruflich nach Luzern gelangte, wo ich dieses Institut für ein Jahr leiten durfte. Damals habe ich Clemens als einen Menschen erlebt, der mit allem Herzblut mit dem Institut verbunden war, mit den damit verbundenen Ideen, mit dem Anliegen, das er und nur er in authentischer Weise zu vertreten meinte.
Seine Arbeit an den Gleichnissen, die ihn vor allem mit seinem jüdischen Kollegen Simon Lauer verband, war allseits gegenwärtig, ebenso wie sein Engagement für die von ihm mitbegründete Theologische Realenzyklopädie oder die Judaica et Christiana und den Freiburger Rundbrief. Als man mich einmal bei einer Fernsehsendung fragte, ob ich ein Buch empfehlen könnte, war es Clemens Thomas "Messiasprojekt", das mich zu einer langen Beschäftigung mit dem Thema Messias anregte, die ich schriftlich bisher nie abschloss oder gar veröffentlichte.
In Ansätzen hat sich damals leider schon die Krankheit bemerkbar gemacht, wie ich erst einige Jahre später wirklich bewusst registrierte. Stimmungsschwankungen, Aufbrausen und gelegentlich auch harte Worte vermochte ich erst im Nachhinein loszulösen von einer Person, die auf die Versöhnung von Juden und Christen, auf das Verbindende schaute und die christliche Theologie durch das Judentum zu bereichern suchte. Mit Kurt Schubert im Jahr 2007 und mit Clemens Thoma jetzt sind zwei Persönlichkeiten verstorben, die in Österreich und der Schweiz ein geändertes Bewusstsein für das Judentum geprägt haben.
Gerhard Langer, Institutsvorstand Institut für Judaistik, Universität Wien
NORBERT HÖSLINGER (1930-2011)
19/06/11
Prof. Dr. Dr.hc Norbert Höslinger, Augustiner-Chorherr des Stifts Klosterneuburg und Ehrenvorstandsmitglied des Koordinierungsausschusses für christlich-jüdische Zusammenarbeit, ist am 1. April 2011 im 81. Lebensjahr verstorben. Die Verankerung des christlich-jüdischen Dialogs im Gottesdienst war sein großes Anliegen.mehr …
KURT LÜTHI (1923-2010)
19/06/10
Professor Kurt Lüthi ist am 11. Juni 2010 im Alter von 86 Jahren verstorben. 1964 wurde er auf den Lehrstuhl für Systematische Theologie H.B. an die Evangelisch-Theologische Fakultät Wien berufen, wo er bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1990 lehrte. Seit seiner Berufung nach Wien gehörte Lüthi in Österreich zu den prägenden Persönlichkeiten im ökumenischen Dialog, im Gespräch zwischen Theologie und Kunst, im christlich-marxistischen sowie im christlich-jüdischen Dialog. Mehr als zwei Jahrzehnte lang, von 1967 bis 1988 war Professor Lüthi Vorstandsmitglied im Koordinierungsausschuss für christlich-jüdische Zusammenarbeit und unterstützte durch seinen Einsatz die Anfangsjahre des christlich-jüdischen Dialogs.
Wir sind dankbar für seine tatkräftige und ideelle Begleitung der christlich-jüdischen Zusammenarbeit in Wien und behalten ihn im ehrenden Gedenken.
Im "Jüdischen Echo" 1997 formulierte Lüthi folgende "Postulate einer gemeinsamen christlich-jüdischen Praxis":
Im Zeichen eines "Vorrangs der Ethik" möchte mich für eine gemeinsame gesellschaftliche Praxis von Christen und Juden einsetzen. Ich glaube, diese gemeinsame Praxis könnte ein wichtiger Beitrag zur Gestaltung der Welt von heute bedeuten. Für dieses Postulat nehme ich Anregungen der "Theologie der Befreiung" auf. Diese Theologie hat für die Verbindung von Glauben und Handeln eine Methode der drei Schritte entwickelt: Analyse der Situation (mit humanwissenschaftlichen Mitteln) - biblische Perspektive - Handlungsanweisungen; die Handlungsanweisungen orientieren sich am programmatischen Schlagwort "Option für die Armen". Es geht damit um die Verantwortung des Glaubenden für die Zukurzgekommenen, für Ausgegrenzte, für Diskriminierte, für Verfolgte.
Ich möchte für eine gemeinsame Praxis von Juden und Christen folgende Sicht vertreten: Das Menschenbild schon des Ersten Testaments hat Konsequenzen für heutiges gesellschaftliches Handeln; es bedeutet den Einsatz für Demokratie, Menschenrechte und für den Frieden. Im Raum der europäischen Kirchen gibt es die Schlagworte "Gerechtigkeit", "Frieden" und "Bewahrung der Schöpfung" (jetzt ergänzt durch den Begriff der "Versöhnung"). Dieses Programm bedeutet eine Anknüpfung an die Begriffe der "zedaka" und des "schalom" im Ersten Testament.
Und weiter: Ich möchte in diesem Zusammenhang auch von einer gemeinsamen Messiashoffnung sprechen. Hier wären allerdings wieder Unterschiede zu berücksichtigen. Für Juden ist das Kommen des Messias etwas Zukünftiges, weil heutige gesellschaftliche Strukturen und das Reich des Messias auseinander klaffen; nur eine human gestaltete Welt könnte den Messias aufnehmen. Der Christ glaubt, dass Jesus der Christus sei und also als Messias schon einmal da war; allerdings müsste der Christ nun gesellschaftlich und "jesuanisch" handeln. Trotz dieser Unterschiede gibt es für Juden und Christen die messianische Sehnsucht als Verbesserung und Humanisierung der gesellschaftlichen Zustände. Ich sehe in dieser Konkretisierung des Messiasglaubens eine gemeinsame jüdisch-christliche Aufgabe.
aus: Kurt Lüthi, Nach der Shoah: Für und wider den Dialog, in: Das jüdische Echo 46 (1997), 131-137
Wir sind dankbar für seine tatkräftige und ideelle Begleitung der christlich-jüdischen Zusammenarbeit in Wien und behalten ihn im ehrenden Gedenken.
Im "Jüdischen Echo" 1997 formulierte Lüthi folgende "Postulate einer gemeinsamen christlich-jüdischen Praxis":
Im Zeichen eines "Vorrangs der Ethik" möchte mich für eine gemeinsame gesellschaftliche Praxis von Christen und Juden einsetzen. Ich glaube, diese gemeinsame Praxis könnte ein wichtiger Beitrag zur Gestaltung der Welt von heute bedeuten. Für dieses Postulat nehme ich Anregungen der "Theologie der Befreiung" auf. Diese Theologie hat für die Verbindung von Glauben und Handeln eine Methode der drei Schritte entwickelt: Analyse der Situation (mit humanwissenschaftlichen Mitteln) - biblische Perspektive - Handlungsanweisungen; die Handlungsanweisungen orientieren sich am programmatischen Schlagwort "Option für die Armen". Es geht damit um die Verantwortung des Glaubenden für die Zukurzgekommenen, für Ausgegrenzte, für Diskriminierte, für Verfolgte.
Ich möchte für eine gemeinsame Praxis von Juden und Christen folgende Sicht vertreten: Das Menschenbild schon des Ersten Testaments hat Konsequenzen für heutiges gesellschaftliches Handeln; es bedeutet den Einsatz für Demokratie, Menschenrechte und für den Frieden. Im Raum der europäischen Kirchen gibt es die Schlagworte "Gerechtigkeit", "Frieden" und "Bewahrung der Schöpfung" (jetzt ergänzt durch den Begriff der "Versöhnung"). Dieses Programm bedeutet eine Anknüpfung an die Begriffe der "zedaka" und des "schalom" im Ersten Testament.
Und weiter: Ich möchte in diesem Zusammenhang auch von einer gemeinsamen Messiashoffnung sprechen. Hier wären allerdings wieder Unterschiede zu berücksichtigen. Für Juden ist das Kommen des Messias etwas Zukünftiges, weil heutige gesellschaftliche Strukturen und das Reich des Messias auseinander klaffen; nur eine human gestaltete Welt könnte den Messias aufnehmen. Der Christ glaubt, dass Jesus der Christus sei und also als Messias schon einmal da war; allerdings müsste der Christ nun gesellschaftlich und "jesuanisch" handeln. Trotz dieser Unterschiede gibt es für Juden und Christen die messianische Sehnsucht als Verbesserung und Humanisierung der gesellschaftlichen Zustände. Ich sehe in dieser Konkretisierung des Messiasglaubens eine gemeinsame jüdisch-christliche Aufgabe.
aus: Kurt Lüthi, Nach der Shoah: Für und wider den Dialog, in: Das jüdische Echo 46 (1997), 131-137
ULRICH TRINKS IN WIKIPEDIA
19/06/10
Am 26. Februar 2010 wäre Ulrich Trinks 80 Jahre alt geworden. Um an ihn und an seine Verdienste zu erinnern, gibt es nun einen Wikipedia-Eintrag für ihn: http://de.wikipedia.org/wiki/Ulrich_Trinks
Ulrich Trinks war von 1971 bis 1999 Vorstandsmitglied des Koordinierungsausschusses für christlich-jüdische Zusammenarbeit. Ab 1973 war er Generalsekretär der Aktion gegen den Antisemitismus in Österreich. Als Delegierter dieser Organisation hielt er Kontakt mit dem Internationalern Rat der Christen und Juden ICCJ, in dessen Beirat er bestellt wurde. Weiters war er Vorstandsmitglied im Institut für die Geschichte der Juden in Österreich (heute: Institiut für jüdische Geschichte Österreichs). Sein Einsatz für die christlich-jüdische Verständigung zeigte sich auch in der Mitarbeit in der "Arbeitsgemeinschaft Juden und Christen des Deutschen Evangelischen Kirchentags".
Seine umfassende Judaica Sammlung ist in der Bibliothek des christlich-jüdischen Informationszentrums Wien öffentlich zugänglich.
Victor Goldbloom (Kanada), früherer Präsident des Internationalen Rats der Christen und Juden, erinnert sich: "Uli Trinks was a valued colleague throughout my years as President of the International Council of Christians and Jews. He was a constructive critic of ideas and programs, and we listened carefully to his counsel. We knew that dialogue in Austria was at that time a more difficult challenge than in some other parts of Europe, and we respected and admired Ulrich for his courageous and determined persistence. When we met in Vienna, we were able to appreciate at first hand the work he was doing. I held him in much friendship and affection, and remember him with great fondness."
• Nachruf auf Ulrich Trinks
• Die Schwedische Mission in der Seegasse, ein Beitrag von Ulrich Trinks
• Ulrich Trinks im Gespräch mit Melitta Bardenich und Horst Gaisrucker. Herausgesagt. Persönliche Erfahrungen gelebten Christseins im 20. Jahrhundert. Rezension von Karl Schwarz
Ulrich Trinks bleibt in dankbarer Erinnerung in unseren Herzen lebendig.
Markus Himmelbauer
Friedrich, Otto DAHEIM IN ZWEI RELIGIONEN
13/04/07
RUTH STEINER UND IHR BEKENNTNIS ZUM JUDENTUM UND ZUM CHRISTENTUM
Das Buch „Daheim in zwei Religionen“ von Ruth Steiner ist nicht ein großer Erinnerungsband, sondern es ist eine Zusammenstellung von Geschichten, welche die emeritierte Generalsekretärin der Katholischen Aktion Österreichs erzählt: Geschichten aus ihrer Biografie, die 1944 als Tochter jüdischer Österreicher auf den Philippinen begonnen hat, Geschichten von Ruth Steiners Engagement in der Kirche Österreichs – und da vor allem beim In-Gang-Setzen des Gesprächs zwischen Christen und Juden –, Geschichten von ihrem politischen Engagement, insbesondere was die Erinnerung an die Geschichte des 20. Jahrhunderts betrifft und Geschichten über die Zukunft – vor allem des Miteinanders von Christen und Juden.mehr …
Das Buch „Daheim in zwei Religionen“ von Ruth Steiner ist nicht ein großer Erinnerungsband, sondern es ist eine Zusammenstellung von Geschichten, welche die emeritierte Generalsekretärin der Katholischen Aktion Österreichs erzählt: Geschichten aus ihrer Biografie, die 1944 als Tochter jüdischer Österreicher auf den Philippinen begonnen hat, Geschichten von Ruth Steiners Engagement in der Kirche Österreichs – und da vor allem beim In-Gang-Setzen des Gesprächs zwischen Christen und Juden –, Geschichten von ihrem politischen Engagement, insbesondere was die Erinnerung an die Geschichte des 20. Jahrhunderts betrifft und Geschichten über die Zukunft – vor allem des Miteinanders von Christen und Juden.mehr …
Ames, Richard JÜDISCHE PHILOSOPHEN
13/04/05
IBN GABIROL – JEHUDA HALEVI – MOSES MAIMONIDES
Bevor ich von den drei bedeutenden jüdischen Philosophen Gabirol, Halevi und Maimonides berichte, möchte ich ein wenig ausholen und den historischen Hintergrund umreißen.
Es gibt verschieden lautende Erzählungen über die ersten Ansiedlungen von Juden auf der iberischen Halbinsel, also dem heutigen Spanien und Portugal. Einmal heißt es, dass sie mit den Phöniziern gekommen seien. Zum andern wird berichtet, bereits zur Zeit des babylonischen Exils – das 597 vor unserer Zeitrechnung begann – sollen sich einige Familien dort niedergelassen haben. Keine dieser Versionen ist historisch gesichert. Vielleicht ist es ein Sowohl-als-auch.mehr …
Bevor ich von den drei bedeutenden jüdischen Philosophen Gabirol, Halevi und Maimonides berichte, möchte ich ein wenig ausholen und den historischen Hintergrund umreißen.
Es gibt verschieden lautende Erzählungen über die ersten Ansiedlungen von Juden auf der iberischen Halbinsel, also dem heutigen Spanien und Portugal. Einmal heißt es, dass sie mit den Phöniziern gekommen seien. Zum andern wird berichtet, bereits zur Zeit des babylonischen Exils – das 597 vor unserer Zeitrechnung begann – sollen sich einige Familien dort niedergelassen haben. Keine dieser Versionen ist historisch gesichert. Vielleicht ist es ein Sowohl-als-auch.mehr …
Trinks, Ulrich DIE SCHWEDISCHE MISSION IN DER SEEGASSE
13/04/01
Für den 17. Jänner rufen die christlichen Kirchen in Österreich zum “Tag des Judentums“ auf. Die zentrale Veranstaltung des Jahres 2001 in Wien fand im Gemeindehaus der evangelisch-lutherischen Pfarrgemeinde im 9. Bezirk statt. Das Haus in der Seegasse Nr. 16 wurde 1973 von der lutherischen Kirche erworben als die “Schwedische Mission in Wien“ sich ganz zurückzog, wie in vielen anderen europäischen Hauptstädten außerhalb Schwedens auch, nachdem schon etwa 40 Jahre zuvor die missionarische Arbeit unter Juden zu einer dem Dialog verpflichteten Aufgabe geworden war.
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