GELUNGENE BEISPIELE EINER VERSTÄNDIGUNG EIN TAG IM JÜDISCHEN WIEN

Wir waren eine kleine Gruppe aus der evangelischen und der katholischen Pfarre Schwanenstadt, und wir wollten mehr über jüdisches Leben und jüdischen Glauben kennenlernen. Zunächst führte uns Markus Himmelbauer zur katholischen Kirche “Am Tabor”. Die Außenfassade wurde vom jüdischen Künstler Arik Brauer gestaltet. Auf mich machte dieses Mosaik einen starken Eindruck: Es zeigt, wie stark wir Christen im Judentum verwurzelt sind – nicht nur verschwistert! Wollen wir diese unsere Wurzeln leugnen, graben wir uns selbst das Wasser ab. Am nahen jüdischen Gymnasium, das bewacht werden muß, zeigen weitere Bilder von Arik Brauer Szenen aus dem Buch der Sprüche.
1670 ließ der Habsburger Kaiser Leopold I. die jüdische Hauptsynagoge im heutigen 2. Gemeindebezirk schleifen und errichtete auf ihren Grundmauern die Pfarrkirche zum hl. Leopold, etwa nach dem Motto: Bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt. In der Hollandstraße kamen wir zu einem koscheren Supermarkt. Zwei jüdische Schülerinnen hörten den Erklärungen unserer Führung zu. “Woher wissen Sie das?” fragten sie. “Das stimmt alles, das haben wir von unserem Religionslehrer auch gehört.”
Nach dem Mittagessen besuchten wir die Ausgrabungen auf dem Judenplatz. 1420 wurden Juden gezwungen, zum Christentum überzutreten. Wer sich weigerte, wurde entweder am Scheiterhaufen verbrannt oder auf der Donau mit Booten ausgesetzt. Um der Zwangstaufe zu entgehen, nahmen sich 200 Personen in der Synagoge selbst das Leben: Sie starben als Märtyrer ihres Glaubens. Später besuchten wir das christlich-jüdische Informationszentrum, wo wir Gelegenheit hatten, mit Monika Heitz und Prof. Trinks, zwei Fachleuten zu diesem Thema, zu sprechen. Ein Satz blieb mir besonders in Erinnerung: Ein Nein zu Versöhnung kann ein erster Schritt zur Ehrlichkeit sein, die bereit ist, Verwundungen und Trümmer im christlich-jüdischen Verhältnis anzuschauen und stehen zu lassen.
Mit der progressiven jüdischen Gemeinde Or Chadasch feierten wir den Gottesdienst am Schabbat. Ihr Präsident, Dr. Much, führte uns in den Abend ein und erzählte uns von den verschiedenen Richtungen, die es im Judentum heute gibt. Die Schabbatfeier war festlich und zugleich schlicht mit vielen anschaulichen Riten.
Ich habe durch diesen Tag eine große Ehrfurcht vor unserem “älteren Bruder” gewonnen. Meine Liebe und Achtung zu den Juden hat sich vertieft.
Sr. Anneliese Kirchweger, Schwanenstadt

NÄCHSTES JAHR IN ISRAEL
Eine Reise in ein fremdes Land hat mit Begegnung, mit Kennenlernen von Neuem, Erfahren einer anderen Kultur, einer anderen Lebensweise, einer anderen Mentalität zu tun. Für Pilgerfahrten mitteleuropäischer Christen nach Israel gilt dies in besonderem Maße, da man einerseits in Israel nicht mit einer fremden Lebensweise, sondern mit zahlreichen verschiedenen Mentalitäten konfrontiert wird, und da andererseits eine Pilgerreise ganz wesentlich auch dem Aufspüren der eigenen religiösen Wurzeln – und damit notwendigerweise auch der Wirkungsgeschichte(n) dieser Wurzeln – dient. Israelpilger nehmen die einheimische Bevölkerung nicht einfach als Menschen mit bestimmten Lebensgewohnheiten wahr, sondern als Christen verschiedener Konfessionen, als Juden mit verschiedenen Graden von Orthodoxie und als Muslime.
Gerade die aktive Begegnung mit dem Judentum ist etwas, das auf einem Pilgerreiseprogramm nicht fehlen sollte. Das Mitfeiern eines Synagogengottesdienstes am Freitagabend oder Samstagvormittag – wozu man in den allermeisten Synagogen willkommen ist – oder Gespräche mit Rabbinern oder anderen Persönlichkeiten erweisen sich immer wieder als “Höhepunkte”, die vielen Teilnehmern in lebhafter Erinnerung bleiben. Solche Begegnungen führen zum Entdecken mancher Gemeinsamkeiten und damit nicht nur zu einem Grundverständnis des Judentums, sondern auch zu einer neuen Sicht eigener Wurzeln und Traditionen.
Andreas Vonach, Innsbruck

JUDENTUM IM UNTERRICHT
“Jüdische Feste im Jahreskreis” war das Motto meiner Matura-Fachbereichsarbeit, die ich in Religion ablegte. Der Grund, warum ich dieses Thema wählte, liegt wohl darin, daß ich mir schon seit längerem über die verschiedenen Weltreligionen Gedanken machte. Von diesen beschäftigte mich neben dem Christentum insbesondere das Judentum, dessen Feste und Bräuche eine zentrale Stellung im Leben eines gläubigen Juden einnehmen.
Im Verlauf der Fachbereichsarbeit konnte ich mich auch über die einen oder anderen Besonderheiten, die Feste wie Chanukka, Purim oder Pessach mit sich bringen, wundern. Überrascht war ich vor allem von der großen Anzahl und Vielfalt an Symbolen und Hintergrundgeschichten, die jedes Fest einzigartig werden lassen.
Vergleiche und Parallelen ziehen konnte ich dann schließlich mit dem Christentum. Und es ist kaum zu übersehen, daß diese zwei Weltreligionen sehr viel gemeinsam haben. Allein die Tatsache, daß das Judentum und das Christentum auf eine gemeinsame uralte Geschichte zurückgreifen und nur miteinander existieren können, ist für mich unglaublich. Und obwohl die Wurzeln dieser Feste tief in der Geschichte verankert sind und strenge Ordnungen und Regeln verlangen, scheint es mir, als ob sie nichts an ihrer Lebendigkeit und Wirkung eingebüßt hätten.
Regina Maier, Vandans
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