Die Begriffe für "Auferstehung" in der Hebräischen Bibel und im Griechischen Neuen Testament: Eine theologische und historische Analyse

Interview mit Rabbiner Yuval Katz: Jüdische und griechische Perspektiven auf die Auferstehung
Von Ferenc Simon Diözesanbeauftragter für die christlich-jüdische Zusammenarbeit 
Ich: Yuval, lass uns über die Auferstehung in der jüdischen Tradition sprechen. Gibt es dafür überhaupt einen Begriff in der Hebräischen Bibel?

Yuval Katz: In der Hebräischen Bibel, also im Tanach, findet sich der Begriff „Auferstehung“ nicht explizit in der Weise, wie er im Christentum verstanden wird. Aber das Konzept ist in bestimmten Texten durchaus implizit vorhanden. Der hebräische Begriff ist תְּחִיָּה (t’chijah), abgeleitet von der Wurzel חיה (chayah), die „leben“ oder „zum Leben erwecken“ bedeutet. T’chijah ist ein Substantiv aus dem Pi’el-Stamm – das heißt, es hat eine intensive oder kausative Bedeutung, also „Erweckung zum Leben“ oder „Wiederbelebung“. Es geht um eine aktive Wiederherstellung des Lebens.

Ich: Gibt es eine Stelle, wo das besonders deutlich wird?

Yuval: Ein wichtiges Beispiel ist Daniel 12,2: „Und viele von denen, die im Erdenstaub schlafen, werden erwachen, die einen zum ewigen Leben, die anderen zur Schmach und ewigen Abscheu.“ Hier wird das Verb יקצו (jaqitzu) verwendet, das von der Wurzel קיץ (qitz) kommt und „aufwachen“ oder „erweckt werden“ bedeutet. Das ist eine metaphorische Umschreibung für die Auferstehung.

Ich: Ich habe mich intensiver mit den Makkabäerbüchern und den griechischen Begriffen für Auferstehung beschäftigt – da wird das Thema auch ziemlich klar formuliert. In den Makkabäerbüchern, besonders im Zweiten Makkabäerbuch, findet man eine sehr ausgeprägte Vorstellung der Auferstehung. In 2Makk 7,9 sagt einer der Märtyrer vor seinem Tod: „Du aber, der du uns das vergängliche Leben raubst, wirst am Ende der Zeiten durch den König der Welt wieder zum Leben erweckt werden.“ Und in 2Makk 7,14 erklärt ein anderer Märtyrer: „Denn aus dem Himmel erhoffe ich, dass Gott mir meine Glieder wiedergeben wird.“
Sprachlich wird hier im Griechischen der Begriff ἀνάστασις (anástasis) verwendet – zusammengesetzt aus ἀνά (aná, „auf, hinauf“) und ἵστημι (hístēmi, „stehen, aufstellen“). Wörtlich bedeutet das also „Wiederaufstehen“. Ein weiterer Begriff, der vorkommt, ist ζωογονέω (zōogonéō), abgeleitet von ζωή (zōē, „Leben“) und γονέω (gonéō, „hervorbringen“) – das bedeutet „zum Leben erwecken“ oder „Leben erzeugen“.
Und auch im Neuen Testament werden mehrere Begriffe für Auferstehung verwendet – alle mit unterschiedlichen Nuancen.
- ἀνάστασις ist hier der häufigste Begriff, etwa für die allgemeine Auferstehung der Toten (z. B. Matthäus 22,31–32) und die Auferstehung Jesu.
- ἔγερσις (égersis) bedeutet „das Aufwecken“ oder „Erhebung“ – in Matthäus 27,53 wird dieses Wort verwendet für die Heiligen, die nach Jesu Tod auferstanden sind. Es geht zurück auf das Verb ἐγείρω (egeírō), „aufwecken, auferwecken“.
- ἐξανάστασις (exanástasis) ist eine verstärkte Form, mit dem Präfix ἐξ- („heraus“), was auf eine besondere oder spezifischere Auferstehung hinweisen kann – etwa in Philipper 3,11, wo Paulus von der Auferstehung aus den Toten spricht.

Yuval: Das ergänzt sich sehr gut. Die Begriffe im Griechischen spiegeln das theologische Nachdenken über Leben und Tod in einer anderen Sprache und Kultur wider – aber die Grundidee bleibt ähnlich: das Wiederherstellen des Lebens durch göttliche Kraft.

Ich: Und wie sieht es in der rabbinischen Tradition nach der Bibel aus?

Yuval: In der rabbinischen Literatur ist die Auferstehung der Toten ein zentrales Thema. Die Mischna, insbesondere Sanhedrin 10,1 (Perek Chelek), legt fest, dass der Glaube an die תְּחִיַּת הַמֵּתִים (techiyat ha-metim) – die „Auferstehung der Toten“ – zu den grundlegenden Überzeugungen des Judentums gehört: „Folgende haben keinen Anteil an der zukünftigen Welt: Wer sagt, die Auferstehung der Toten befinde sich nicht in der Tora.“

Ich: Also ein fest verankerter Glaubenssatz?

Yuval: Genau. Der Ausdruck techiyat ha-metim kombiniert תְּחִיָּה (t’chijah, „Wiederbelebung“) mit מֵתִים (metim, „die Toten“). Der Babylonische Talmud (Sanhedrin 90b–92a) führt die Diskussion weiter und bringt biblische Belege, etwa Jesaja 26,19: „Deine Toten werden leben, meine Leichen werden auferstehen. Erwacht und jubelt, ihr Bewohner des Staubs!“

Ich: Ich erinnere mich – der Talmud diskutiert das auch mit Menschen außerhalb der jüdischen Welt.

Yuval: Richtig. Die Rabbiner führen Argumente auch gegenüber Personen, die nicht an die Bibel glauben – etwa mit Kleopatra oder dem römischen Kaiser. Sie erklären die Auferstehung durch Gleichnisse, diskutieren sogar, ob der Mensch bei der Auferstehung bekleidet sein wird oder nicht.

Ich: Und Maimonides hat das dann richtig dogmatisch gemacht, oder?

Yuval: Genau. Maimonides (1138–1204) hat die Auferstehung der Toten als einen seiner 13 Glaubensgrundsätzeformuliert. Deshalb findet sich in vielen jüdischen Gebetbüchern bis heute der Satz: „Ich glaube mit vollkommenem Glauben an die Auferstehung der Toten, zu einer Zeit, die der Wille des Schöpfers bestimmt. Gesegnet sei sein Name und gepriesen sein Andenken für immer und ewig.“

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