Gemeinsam warten - Chanukka und Advent
25/11/21 Stellungnahmen | Praxis
Eine kleine Anekdote erzählt, dass ein Rabbiner und ein Priester über das Kommen des Messias diskutieren. Wie zu erwarten, können sie sich nicht darauf einigen, ob er in Gestalt von Jesus Christus schon einmal erschienen ist. Aber sie versuchen eine gemeinsame Lösung zu finden: Warten wir doch gemeinsam! Und wenn er dann eines Tages kommt, woran wir beide glauben, muss man nur gut zuhören. Wenn er sagt: „Da bin ich endlich.“, dann hätten die Juden recht, wenn er sich mit „Da bin ich wieder“ zurückmeldet, dann lägen die Christen richtig.
Uns zeigt sich in dieser kleinen Geschichte die Verschiedenheit, die dennoch verbindet. Die Messiaserwartung, also die Hoffnung auf das Kommen eines Erlösers, ist in beiden Religionen gegeben, nur unter anderen Vorzeichen.
Dieses Jahr gibt es eine interessante Übereinstimmung, die uns wieder zurück an den Anfang, zum Thema „Erwartung“ führt.
Der Vorabend des ersten Tages des Chanukkafestes, an dem die Juden am achtarmigen Leuchter, ein erstes Licht zünden, (wer es besonders schön machen will, zündet Olivenöl in einem kleinen Behälter und nicht Kerzen) fällt dieses Jahr auf den 28. November. Oder, für uns Christen, auf den 1. Advent. Advent, wie wir uns immer wieder in Erinnerung rufen können, bedeutet Ankunft. Unser Warten zielt nicht nur auf die Geburt Jesu Christi zu Weihnachten, sondern auch auf das Wiederkommen des Messias.
Die Juden hingegen feiern die Wiedereinweihung eines Tempels, der in der jüdischen Erinnerung bis heute präsent ist. Die Rückeroberung des Tempels war nur temporär, knapp 250 Jahre später wurde er nach einem verlorenen Aufstand gegen das römische Reich endgültig zerstört. Dennoch wurde das Fest weiterhin begangen, als ein Licht der Hoffnung in ungewissen Zeiten.
Die Entstehung des Chanukka-Festes geht auf Geschichten zurück, die im ersten Buch der Makkabäer verzeichnet sind. Israel war zu dieser Zeit (etwa 164 v. Chr.) von den Seleukiden besetzt, einer griechischstämmigen Herrscherdynastie im heutigen Nahen Osten, die den Tempel in Jerusalem ihren eigenen Göttern umgewidmet hatte. Ein Aufstand der Juden konnte jedoch Land und Tempel befreien. Chanukka erinnert in diesem Sinne an die Wiedereinweihung des Tempels mit acht Tagen der Feierlichkeiten. Diese Dauer von acht Tagen wird mit einer weiteren Erzählung begründet, die berichtet, dass die Juden damals im Tempel nur noch einen kleinen Krug voll rituell reinem Öl finden konnten, das für den Gottesdienst unentbehrlich war. Der Krug enthielt jedoch nur noch Öl für einen Tag. Die Produktion von neuem Öl, das auf spezielle Weise hergestellt werden musste, benötigte acht volle Tage. Die Juden behalfen sich in der Not mit dem vorhandenen Öl und es reichte für alle acht Tage. Zur Erinnerung an dieses Wunder entzünden die Juden noch heute an jedem Abend des Chanukkafestes jeweils ein Licht mehr als tags zuvor.
Dieses Jahr – 2021/5782 – beschert uns der Kalender eine Überraschung, die uns zu einer neuen Perspektive verhilft. Die in der christlichen Bibel überlieferte Geschichte von Chanukka sollte nicht nur dem Judentum, sondern auch dem Christentum ein Grund zum Feiern sein. Radikal lehrt sie, dass Tradition gemeinsam entschieden wird und dass ihr Inhalt aus einer Zerstörung erwachsen kann. Dort wo manche nur Ruinen sehen und der Vergangenheit nachtrauern, dort darf der Hammer (so heißen die Makkabäer wortwörtlich) geschwungen werden!
Berechtigt ist die Frage: Ist es an der Zeit für die Kirche, Chanukka zu feiern? Dieses jüdische Fest steht nicht in der jüdischen, der hebräischen, sondern in der christlichen Bibel, in den beiden Büchern der Makkabäer, die nur in ihrer griechischen Übersetzung erhalten geblieben sind und somit nicht zu den heiligen Schriften des Judentums zählen. Wohlgemerkt die byzantinische Kirchen haben einen eigenen Feiertag für die Makkabäer, allerdings im August.
Der Messias wird entweder sagen „Da bin ich wieder!“ oder „Da bin ich endlich!“. Doch spielt es überhaupt noch eine Rolle, wenn er dann da ist, wer vorher recht gehabt hat? Wenn der Messias zu den Menschen kommt, sollte dann nicht unsere gemeinsame Freude alles Trennende überwiegen? Bis dahin aber könnten wir gemeinsam warten und Chanukka feiern!
Ferenc Simon, Diözesanbeauftragter für die christlich-jüdische Zusammenarbeit
und Willy Weisz, Vizepräsident, Koordinierungsausschuss für christlich-jüdische Zusammenarbeit
Uns zeigt sich in dieser kleinen Geschichte die Verschiedenheit, die dennoch verbindet. Die Messiaserwartung, also die Hoffnung auf das Kommen eines Erlösers, ist in beiden Religionen gegeben, nur unter anderen Vorzeichen.
Dieses Jahr gibt es eine interessante Übereinstimmung, die uns wieder zurück an den Anfang, zum Thema „Erwartung“ führt.
Der Vorabend des ersten Tages des Chanukkafestes, an dem die Juden am achtarmigen Leuchter, ein erstes Licht zünden, (wer es besonders schön machen will, zündet Olivenöl in einem kleinen Behälter und nicht Kerzen) fällt dieses Jahr auf den 28. November. Oder, für uns Christen, auf den 1. Advent. Advent, wie wir uns immer wieder in Erinnerung rufen können, bedeutet Ankunft. Unser Warten zielt nicht nur auf die Geburt Jesu Christi zu Weihnachten, sondern auch auf das Wiederkommen des Messias.
Die Juden hingegen feiern die Wiedereinweihung eines Tempels, der in der jüdischen Erinnerung bis heute präsent ist. Die Rückeroberung des Tempels war nur temporär, knapp 250 Jahre später wurde er nach einem verlorenen Aufstand gegen das römische Reich endgültig zerstört. Dennoch wurde das Fest weiterhin begangen, als ein Licht der Hoffnung in ungewissen Zeiten.
Die Entstehung des Chanukka-Festes geht auf Geschichten zurück, die im ersten Buch der Makkabäer verzeichnet sind. Israel war zu dieser Zeit (etwa 164 v. Chr.) von den Seleukiden besetzt, einer griechischstämmigen Herrscherdynastie im heutigen Nahen Osten, die den Tempel in Jerusalem ihren eigenen Göttern umgewidmet hatte. Ein Aufstand der Juden konnte jedoch Land und Tempel befreien. Chanukka erinnert in diesem Sinne an die Wiedereinweihung des Tempels mit acht Tagen der Feierlichkeiten. Diese Dauer von acht Tagen wird mit einer weiteren Erzählung begründet, die berichtet, dass die Juden damals im Tempel nur noch einen kleinen Krug voll rituell reinem Öl finden konnten, das für den Gottesdienst unentbehrlich war. Der Krug enthielt jedoch nur noch Öl für einen Tag. Die Produktion von neuem Öl, das auf spezielle Weise hergestellt werden musste, benötigte acht volle Tage. Die Juden behalfen sich in der Not mit dem vorhandenen Öl und es reichte für alle acht Tage. Zur Erinnerung an dieses Wunder entzünden die Juden noch heute an jedem Abend des Chanukkafestes jeweils ein Licht mehr als tags zuvor.
Dieses Jahr – 2021/5782 – beschert uns der Kalender eine Überraschung, die uns zu einer neuen Perspektive verhilft. Die in der christlichen Bibel überlieferte Geschichte von Chanukka sollte nicht nur dem Judentum, sondern auch dem Christentum ein Grund zum Feiern sein. Radikal lehrt sie, dass Tradition gemeinsam entschieden wird und dass ihr Inhalt aus einer Zerstörung erwachsen kann. Dort wo manche nur Ruinen sehen und der Vergangenheit nachtrauern, dort darf der Hammer (so heißen die Makkabäer wortwörtlich) geschwungen werden!
Berechtigt ist die Frage: Ist es an der Zeit für die Kirche, Chanukka zu feiern? Dieses jüdische Fest steht nicht in der jüdischen, der hebräischen, sondern in der christlichen Bibel, in den beiden Büchern der Makkabäer, die nur in ihrer griechischen Übersetzung erhalten geblieben sind und somit nicht zu den heiligen Schriften des Judentums zählen. Wohlgemerkt die byzantinische Kirchen haben einen eigenen Feiertag für die Makkabäer, allerdings im August.
Der Messias wird entweder sagen „Da bin ich wieder!“ oder „Da bin ich endlich!“. Doch spielt es überhaupt noch eine Rolle, wenn er dann da ist, wer vorher recht gehabt hat? Wenn der Messias zu den Menschen kommt, sollte dann nicht unsere gemeinsame Freude alles Trennende überwiegen? Bis dahin aber könnten wir gemeinsam warten und Chanukka feiern!
Ferenc Simon, Diözesanbeauftragter für die christlich-jüdische Zusammenarbeit
und Willy Weisz, Vizepräsident, Koordinierungsausschuss für christlich-jüdische Zusammenarbeit